Donnerstag, 1. Mai 2014
Kämpfen oder Aufgeben
In der letzten, meist schlaflosen, Nacht, ging mir meine Arbeitssituation mal wieder nicht aus dem Kopf. Kein Wunder, dass ich keine Ruhe finde, wenn dieses Problem seit über einem Jahr ungelöst ist.

Mir kam der Vergleich mit einer Krankheit in den Kopf. M. ist für mich der Tumor, der mit jedem Tag, mit jeder Minute mehr Platz in meinem Körper beansprucht. Er beeinträchtigt mein Urteilsvermögen, er strapaziert meine Nerven, legt sich mir auf die Seele und nagt an meiner Gesundheit. Kopf-, Rückenschmerzen und Kreislaufprobleme häufen sich.
War ich immer stolz auf meine Gelassenheit, mit der ich berufliche Probleme anging, so ertappe ich mich immer häufiger dabei, dass ich genervt reagiere. Bei einer richtig miesen Aktion von M. vor einigen Wochen, brach ich sogar in Tränen aus. Dies vermeide ich in Gegenwart von anderen Menschen, aber in besagter Situation brannten alle Leitungen durch, alle Sicherheitsventile öffneten und ich hatte Mühe mich danach wieder unter Kontrolle zu bringen.
Meine andere Kollegin A., die bei Eintritt in die Firma im letzten Jahr für M. das rote Tuch war, wird nun erbarmungslos unter Druck gesetzt doch auch in das gleiche Horn zu pusten, um sich gemeinsam gegen mich zu stellen.

Selbst die männlichen Kollegen kommen zu mir und fragen: „Was ist denn mit M. los? Spinnt die so mit mir zu reden? Was glaubt die eigentlich wer sie ist?“ Da die Kollegen aber vorwiegend Schrumpftestikel in ihren Arbeitshosen zu haben scheinen, schaffen sie es nicht M. offen zu konfrontieren. Lästern ist schließlich einfacher, als sich einer Situation zu stellen.

Der eine oder andere Leser mag sich jetzt die Frage stellen, ob ich denn ein besseres Verhalten an den Tag lege. Man kann mir glauben, dass ich alles versucht habe. Ich habe Gespräche gesucht, habe alle Probleme offen angesprochen, aber es hat mich nicht weiter gebracht. Vermutlich habe ich es damit sogar noch schlimmer gemacht.

Also stellt sich mir nach endlosen Gefechten die Frage: Kämpfen oder Aufgeben?

Zur Zeit gibt es einen großen Überhang zu Gunsten des Aufgebens, denn meine Kraftreserven sind verpufft. A. bittet mich ständig durchzuhalten, da sie sich bewusst ist, dass sie ohne meine Unterstützung von M. an die Wand gespielt werden wird.

Kommt nun vielleicht jemandem die Frage in den Sinn, warum ich nicht mit meinem Chef darüber spreche?
Nun, mein Chef kämpft schon seit über zwei Jahren mit seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs und in den letzten Monaten hatte er mehr schlechte als gute Tage. Soll ich ihn jetzt auch noch damit belasten? Er weiß um die Probleme mit M., aber er erkennt nicht wie schlimm es sich für mich anfühlt, bzw. welchen Einfluss die kleine Giftspritze mittlerweile auf mich gewonnen hat.

Fragt er mich wie es mir geht, sage ich ihm meistens scherzhaft: „Och, ich kann nicht laut genug klagen, Chef.“ Dann lacht er und fragt nicht mehr weiter.

Der einzige Mensch, der meine Gefühle mitbekommt, ist A., da sie mir gegenüber sitzt und meine Reaktionen sieht. Zu Hause spreche ich das Thema M. schon gar nicht mehr an.

... comment

 
Könnte M. denn Ihre Arbeit machen, wenn Sie Morgen kündigen würden?

... link  

 
Nein, das könnte sie nicht.

... link  

 
Dann sind Sie doch auf jeden Fall schon mal in der viel besseren Position.

Ich würde ja dazu raten, dass Sie ihre Kollegin A. und evtl. andere Kollegen nicht raushalten sollten. Verbünden Sie sich! Es muss ja nicht so sein, dass A. nun auch Krieg mit M. anfängt. Aber es würde evtl. schon reichen, wenn A. M. darauf hinweist, dass sie es nicht richtig findet, wenn M. Sie unberechtigt attakiert. Es reicht schon, wenn A. Gespräche, die auf Mobbingattacken gegen Sie hinauslaufen, beendet und einfach sagt, dass sie das nicht so sieht etc. Wenn M. feststellt, dass A. eher auf ihrer Seite ist und im Gegenzug Sie auch A. beistehen würden, wenn M. ihre Taktik ändert und auf A. losgeht, dann wird sie sich evtl. überlegen, ob sie so weitermachen kann. Wenn dann noch weitere Kollegen auf ihre Seite wechseln, verstärkt sich das noch.

Mobber spekulieren doch darauf, dass entweder sie selbst von anderen unterstützt werden oder sich andere zumindest raushalten. Dann suchen sie sich ein aus ihrer Sicht schwächeres Opfer und legen los.
Wenn auf dem Schulhof jemand über 'den Dicken' herzieht, ist das auch nur deshalb so effektiv, weil viele andere das dann lustig finden und so dem Mobber Bestätigung geben. Wenn andere ihn zurechtstutzen würden, auf die Hohlbirne, die er zu sein scheint, würde das ganz anders aussehen und der Mobber wäre auf einmal selbst der Isolierte.

Deshalb suchen Sie sich Verbündete, wenn Sie gerne weiterhin in der Firma bleiben möchten. Oder wenn Sie eh schon länger, auch aus anderen Gründen überlegen, die Firma zu verlassen, dann warten Sie nicht länger, sondern gehen Sie auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Und wenn der gefunden ist, wechseln Sie.
Sicher ist so ein Wechsel nicht einfach und auch immer mit Risiken verbunden, aber psychisch kaputtzugehen - das lohnt sich auf keinen Fall, finde ich.

Was mir auch aufgefallen ist: Sie scheinen Firma und Privates nicht so wirklich zu trennen. Sie finden für andere Leute Entschuldigungen (z.B. für ihren Chef mit seiner Gesundheit oder für A. damit sie nicht mit reingezogen wird). Und Sie selbst machen sich Sorgen, dass Sie unbedingt noch jemanden einarbeiten müssen, damit bloß nichts schiefgeht, wenn Sie mal kündigen sollten.

Warum sehen Sie die Firma nicht als Firma und fertig. Sie gehen da hin, um Geld zu verdienen und sich ihr Leben und ihre Freizeit zu finanzieren. Es spricht ja nichts dagegen, wenn Ihnen ihre Arbeit Spaß macht, auch mal die eine oder andere unbezahlte Überstunde zu machen. Es spricht nichts dagegen die Arbeit engagiert, schnell und richtig zu machen - dafür werden Sie ja auch bezahlt. Aber es spricht viel dagegen, die Firma als Lebensmittelpunkt zu sehen und alles andere dafür aufzugeben. Auch für kleine Dinge, wie z.B. einen schönen Spaziergnag braucht man Zeit und man kommt mal wieder runter. Deshalb denke ich, dass man während der Arbeitszeit Vollgas geben und dort so professionell wie möglich sich einbringen sollte. Danach ist aber Freizeit und die ist genauso wichtig, weil man dort auch Kraft sammeln kann, für die 'harten' Tage in der Firma.

Und nun zu ihrem Chef... Für das Betriebsklima ist nun mal unter anderem auch der Chef zuständig. Wenn Sie wegen der Mobberei zum Arzt gehen und aus psychischen Gründen mal 2-3 Wochen krank geschrieben werden, würde das Ihrem Chef sicher auch nicht gefallen. Er scheint aber zu wissen, dass Sie eher Schaf als Wolf sind und geht den aus seiner Sicht leichteren Weg. Aber ist es fair, wenn er Ihnen praktisch die Schuld gibt, wenn M. gehen sollte und er dafür Ihnen dann auch noch mit Strafe droht (mehr Arbeit, keine bezahlten Überstunden)?

Machen Sie sich nicht so klein. Sie scheinen für die Firma doch eine wichtige Arbeitskraft zu sein. Rufen Sie sich das selbst ins Gedächtnis. Fragen Sie ihren Chef mal, ob er glaubt, dass M. sie ersetzen könnte, wenn SIE in den Sack hauen würden.
Ich glaube ihr Chef sieht Sie als 'Inventar' in der Firma. Sie waren immer da... sie werden immer da sein... da passiert schon nichts. Deshalb vermutet er vielleicht, dass es leichter ist, sich auf die Seite von M. zu stellen und Sie dazu zu bewegen, 'ruhig' zu sein. Aber dieser Weg kann nicht der Ihre sein, denn Sie sehen ja, dass Sie dieses Betriebsklima nicht aushalten.

Das scheint wirklich eine vertrackte Situation zu sein und von außen ist es eh immer schwer Ratschläge zu geben, weil man ja nicht dabei war und nicht alle Einzelheiten kennt. Aber vielleicht war ja in meinem Gescheibsel wenigstens ein Denkanstoß dabei. Entscheiden können eh nur Sie selbst und dafür wünsche ich Ihnen von Herzen alles Gute!

... link  

 
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Viele Dinge, die Sie schreiben, passen wie die Faust aufs Auge und wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, dann weiß ich das auch. Ich weiß, was ich falsch mache, ich weiß, dass ich mich viel zu viel engagiere und sich die Angelegenheit in den letzten Jahren verselbstständigt hat.

Um es ganz offen zu sagen: Ich habe verlernt zu entspannen, ich habe kein Hobby mehr, ich verbringe die Wochenenden mit Nichtstun und wundere mich dann, dass ich schon wieder nicht das geschafft habe, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Aufzustehen und etwas zu erledigen kostet mich enorm viel Kraft. So habe ich z.B. gerade die Fenster geputzt. Das wollte ich schon am Mittwoch-Nachmittag erledigt haben, aber ich konnte mich erst jetzt dazu aufraffen.

In der Nacht bin ich von Übelkeit aufgewacht und musste mich erst einmal übergeben...dabei hatte ich so viel gar nicht gegessen. Mein Geist kommt nicht zur Ruhe. Autogenes Training hilft mir beim Einschlafen, aber leider nicht beim Durchschlafen. Mein Mitbewohner ist immer erbost, wenn ich nachts durch die Wohnung laufe, obwohl er es in den meisten Fällen gar nicht mitbekommt.

Ich glaube innerlich warte ich nur auf den Zusammenbruch. Vielleicht sehne ich ihn ja auch herbei, um dann von ganz unten wieder neu anzufangen. Hm. Diesen Gedanken habe ich bisher nicht zugelassen. Interessant.

... link  


... comment