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Montag, 8. März 2010
Freundschaft
amakea, 16:32h
Freundschaft.
Ein Begriff, den manche Menschen eher leichtfertig in den Mund nehmen. Aber was bedeutet Freundschaft eigentlich? Bedeutet es nicht, dass man füreinander da ist…in guten wie in schlechten Zeiten? Dass man die Fehler des anderen akzeptiert? Dass man verzeiht, wenn der andere einmal in einer schlechten Zeit seltsam reagiert?
Ich war bisher der Meinung, dass dies eine wahre Freundschaft bedeutet. Wahrscheinlich habe ich mich getäuscht. Nach meiner Erfahrung gilt man nur dann als guter Freund, wenn man hilft, ein offenes Ohr hat, immer für den Freund/die Freundin da ist, sich selbst hinten anstellt, um dem anderen zu helfen, sich bemüht dem Anderen eine Freude zu machen, Verständnis für alle Lebenslagen zeigt. Braucht man aber selber einmal Hilfe und Verständnis, dann ist die Bereitschaft nicht mehr wirklich groß.
Lange habe ich gedacht, dass es an mir liegt. Ich hatte wohl nicht genügend Zeit für sie, konnte praktisch nur an den Wochenenden mit ihr weggehen. Auf der Arbeit, wenn sie weinend anrief, konnte ich mir keine 30 Minuten Zeit nehmen, um sie zu trösten. Wenn sie mitten in der Nacht anrief, war ich nicht immer wach genug, um all ihre Probleme zu verstehen. Wenn sie sich darüber beschwerte, dass sie mit ihrer Putzfrau nur Probleme hatte, weil diese nicht vernünftig arbeitete, konnte ich dies nicht nachvollziehen, da ich mir diesen Luxus nicht leisten kann. Wenn sie am Vormittag, wenn die Kinder in der Schule waren, ein Stimmungstief bekam, konnte ich auch dies nicht wirklich verstehen, weil mir die Zeit zum gründlichen Nachdenken fehlte. An allem war immer ein Makel, den ich mir anheftete. Dann ging es mir schlecht. Ich war fertig. Physisch und psychisch am Ende. Mein Körper versagte mir den Dienst und ich hielt mich gerade so auf den Beinen. Alles war mir zu viel. Die Arbeit. Der Haushalt. Die Familie. Ich hatte das Gefühl zu arbeiten und zu arbeiten und zu arbeiten, aber nichts wurde wirklich fertig. Ich brauchte jemanden, und wenn es nur zum Reden war. Also verabredeten wir uns für einen Freitag-Nachmittag im Café. Ich sah aus wie der wandelnde Tod, dunkle Ringe unter den Augen (ich konnte kaum mehr als zwei Stunden in der Nacht schlafen), strähnige Haare (mir fehlte die Energie mich zurecht zu machen) und ich hatte ständig Tränen in den Augen.
Wir fingen an zu reden. Ich ließ sie beginnen. Wir redeten über ihre Probleme, über ihre Kinder, über ihre Krankheiten. Nach einer Weile begann ich über mich zu reden, wie es mir ging, dass ich Hilfe bräuchte. Sie sah mich an, schaute auf ihre Fingernägel, und erzählte mir von ihrer Allergie gegen die künstlichen Nägel. Hm. Auch nach einem zweiten Versuch gelang es mir nicht ihre Aufmerksamkeit auf meine Sorgen zu lenken. Nach dem dritten Versuch gab ich auf.
In den nächsten Wochen meldete ich mich kaum, weil ich merklich traurig war, dass ihre Probleme wichtiger waren als meine. Noch nie hatte ich um Hilfe gebeten, war aber im Gegenzug immer für sie da. Aus der Traurigkeit entwickelte sich Wut, die lange in mir schwelte. Also schrieb ich ihr eine liebe Mail in der Hoffnung etwas Nettes zu hören und den Kontakt wieder herzustellen. Sie antwortete auch, aber nur ein oder zwei Sätze. Ok. Vielleicht hatte sie gerade keine Zeit. Akzeptiert, geht mir ja schließlich auch häufig so. Ich startete eine Woche später einen neuen Versuch. Diesmal kam keine Antwort. Ok, aller guten Dinge sind drei, oder? Auch da bekam ich nur eine einsilbige Antwort. Ich beschloss eine Weile verstreichen zu lassen, um es dann erneut zu versuchen. Da kam mein Chef auf die glorreiche Idee neu zu bauen. Somit hatten wir von August bis Dezember des letzten Jahres noch viel mehr Arbeit als sonst und ich war abends so erschöpft, dass ich nur noch das Nötigste im Haushalt tat, mir etwas zu Essen hinter die Kiemen schob, und dann todmüde auf dem Sofa landete. Im November hatte ich zwei Wochen Urlaub, doch als der Stress von mir abfiel, wurde ich krank und lag fast eine ganze Woche im Bett. Wir telefonierten und ich sagte den vorher verabredeten Termin ab, da ich mich so schlecht fühlte. Sie war sauer, das konnte ich merken, aber ich bat um Verständnis.
Dann war wieder Funkstille. Wochenlang. Ich meldete mich allerdings auch nicht aufgrund meiner Arbeits- und Gesundheitssituation, doch ein schlechtes Gewissen hatte ich ständig, da ich sie vernachlässigte. Im Januar, als der Stress nachließ, schrieb ich ihr eine lange Mail, in der ich mich entschuldigte so lange nicht mehr geschrieben zu haben. Ich schlug ihr ein Treffen vor, ein schönes Abendessen, zu dem ich sie einladen wollte. Es kam nichts zurück. Ich war enttäuscht und schrieb ihr dies auch. Ihre Mails wurden immer einsilbiger und die Wut, die in mir geschwelt hatte, erwachte zum Leben. Jede ihrer Mails troff vor Sarkasmus; ich hätte ja nie Zeit gehabt, hätte ja immer „arbeiten“ müssen. Irgendwann platzte mir der Kragen und ich schrieb ihr eine Mail, in der ich ihr vorwarf mir nicht zu glauben. Ich sagte ihr, dass sie vermutlich vergessen hätte wie es ist ganztags zu Arbeiten, einen Haushalt zu führen und sich um die alten Eltern zu kümmern, alles alleine bewältigen zu müssen. Es brach förmlich aus mir heraus. Ich benutzte keine bösen Worte und ich wurde auch nicht gemein.
Zwei Tage später kündigte sie mir die Freundschaft. Sie schickte mir das letzte Geburtstagsgeschenk zurück (ich hatte ihr ein Buch angefertigt, das ich liebevoll gestaltet hatte…mit Karten, Sprüchen, Lebensweisheiten, etc.) und schrieb dazu, dass es gut sei, dass ich dieses Buch mit Tinte geschrieben hätte. So könnte ich ihren Namen auslöschen und einen anderen hinein schreiben, wenn ich das Buch noch einmal verschenken würde. Sie meinte, dass wir wohl verschiedene Ansichten über eine Freundschaft hätten.
Ich zerging in Selbstvorwürfen, war aber auch zu stolz bei ihr anzurufen. In schlaflosen Nächten fragte ich mich, ob es sich lohnt um diese Freundschaft zu kämpfen. Ich habe mich dafür entschieden dies nicht zu tun. Es geht mir nun besser. Viel besser. Ob diese Entscheidung richtig war, weiß ich nicht. Ich hoffe es.
Ein Begriff, den manche Menschen eher leichtfertig in den Mund nehmen. Aber was bedeutet Freundschaft eigentlich? Bedeutet es nicht, dass man füreinander da ist…in guten wie in schlechten Zeiten? Dass man die Fehler des anderen akzeptiert? Dass man verzeiht, wenn der andere einmal in einer schlechten Zeit seltsam reagiert?
Ich war bisher der Meinung, dass dies eine wahre Freundschaft bedeutet. Wahrscheinlich habe ich mich getäuscht. Nach meiner Erfahrung gilt man nur dann als guter Freund, wenn man hilft, ein offenes Ohr hat, immer für den Freund/die Freundin da ist, sich selbst hinten anstellt, um dem anderen zu helfen, sich bemüht dem Anderen eine Freude zu machen, Verständnis für alle Lebenslagen zeigt. Braucht man aber selber einmal Hilfe und Verständnis, dann ist die Bereitschaft nicht mehr wirklich groß.
Lange habe ich gedacht, dass es an mir liegt. Ich hatte wohl nicht genügend Zeit für sie, konnte praktisch nur an den Wochenenden mit ihr weggehen. Auf der Arbeit, wenn sie weinend anrief, konnte ich mir keine 30 Minuten Zeit nehmen, um sie zu trösten. Wenn sie mitten in der Nacht anrief, war ich nicht immer wach genug, um all ihre Probleme zu verstehen. Wenn sie sich darüber beschwerte, dass sie mit ihrer Putzfrau nur Probleme hatte, weil diese nicht vernünftig arbeitete, konnte ich dies nicht nachvollziehen, da ich mir diesen Luxus nicht leisten kann. Wenn sie am Vormittag, wenn die Kinder in der Schule waren, ein Stimmungstief bekam, konnte ich auch dies nicht wirklich verstehen, weil mir die Zeit zum gründlichen Nachdenken fehlte. An allem war immer ein Makel, den ich mir anheftete. Dann ging es mir schlecht. Ich war fertig. Physisch und psychisch am Ende. Mein Körper versagte mir den Dienst und ich hielt mich gerade so auf den Beinen. Alles war mir zu viel. Die Arbeit. Der Haushalt. Die Familie. Ich hatte das Gefühl zu arbeiten und zu arbeiten und zu arbeiten, aber nichts wurde wirklich fertig. Ich brauchte jemanden, und wenn es nur zum Reden war. Also verabredeten wir uns für einen Freitag-Nachmittag im Café. Ich sah aus wie der wandelnde Tod, dunkle Ringe unter den Augen (ich konnte kaum mehr als zwei Stunden in der Nacht schlafen), strähnige Haare (mir fehlte die Energie mich zurecht zu machen) und ich hatte ständig Tränen in den Augen.
Wir fingen an zu reden. Ich ließ sie beginnen. Wir redeten über ihre Probleme, über ihre Kinder, über ihre Krankheiten. Nach einer Weile begann ich über mich zu reden, wie es mir ging, dass ich Hilfe bräuchte. Sie sah mich an, schaute auf ihre Fingernägel, und erzählte mir von ihrer Allergie gegen die künstlichen Nägel. Hm. Auch nach einem zweiten Versuch gelang es mir nicht ihre Aufmerksamkeit auf meine Sorgen zu lenken. Nach dem dritten Versuch gab ich auf.
In den nächsten Wochen meldete ich mich kaum, weil ich merklich traurig war, dass ihre Probleme wichtiger waren als meine. Noch nie hatte ich um Hilfe gebeten, war aber im Gegenzug immer für sie da. Aus der Traurigkeit entwickelte sich Wut, die lange in mir schwelte. Also schrieb ich ihr eine liebe Mail in der Hoffnung etwas Nettes zu hören und den Kontakt wieder herzustellen. Sie antwortete auch, aber nur ein oder zwei Sätze. Ok. Vielleicht hatte sie gerade keine Zeit. Akzeptiert, geht mir ja schließlich auch häufig so. Ich startete eine Woche später einen neuen Versuch. Diesmal kam keine Antwort. Ok, aller guten Dinge sind drei, oder? Auch da bekam ich nur eine einsilbige Antwort. Ich beschloss eine Weile verstreichen zu lassen, um es dann erneut zu versuchen. Da kam mein Chef auf die glorreiche Idee neu zu bauen. Somit hatten wir von August bis Dezember des letzten Jahres noch viel mehr Arbeit als sonst und ich war abends so erschöpft, dass ich nur noch das Nötigste im Haushalt tat, mir etwas zu Essen hinter die Kiemen schob, und dann todmüde auf dem Sofa landete. Im November hatte ich zwei Wochen Urlaub, doch als der Stress von mir abfiel, wurde ich krank und lag fast eine ganze Woche im Bett. Wir telefonierten und ich sagte den vorher verabredeten Termin ab, da ich mich so schlecht fühlte. Sie war sauer, das konnte ich merken, aber ich bat um Verständnis.
Dann war wieder Funkstille. Wochenlang. Ich meldete mich allerdings auch nicht aufgrund meiner Arbeits- und Gesundheitssituation, doch ein schlechtes Gewissen hatte ich ständig, da ich sie vernachlässigte. Im Januar, als der Stress nachließ, schrieb ich ihr eine lange Mail, in der ich mich entschuldigte so lange nicht mehr geschrieben zu haben. Ich schlug ihr ein Treffen vor, ein schönes Abendessen, zu dem ich sie einladen wollte. Es kam nichts zurück. Ich war enttäuscht und schrieb ihr dies auch. Ihre Mails wurden immer einsilbiger und die Wut, die in mir geschwelt hatte, erwachte zum Leben. Jede ihrer Mails troff vor Sarkasmus; ich hätte ja nie Zeit gehabt, hätte ja immer „arbeiten“ müssen. Irgendwann platzte mir der Kragen und ich schrieb ihr eine Mail, in der ich ihr vorwarf mir nicht zu glauben. Ich sagte ihr, dass sie vermutlich vergessen hätte wie es ist ganztags zu Arbeiten, einen Haushalt zu führen und sich um die alten Eltern zu kümmern, alles alleine bewältigen zu müssen. Es brach förmlich aus mir heraus. Ich benutzte keine bösen Worte und ich wurde auch nicht gemein.
Zwei Tage später kündigte sie mir die Freundschaft. Sie schickte mir das letzte Geburtstagsgeschenk zurück (ich hatte ihr ein Buch angefertigt, das ich liebevoll gestaltet hatte…mit Karten, Sprüchen, Lebensweisheiten, etc.) und schrieb dazu, dass es gut sei, dass ich dieses Buch mit Tinte geschrieben hätte. So könnte ich ihren Namen auslöschen und einen anderen hinein schreiben, wenn ich das Buch noch einmal verschenken würde. Sie meinte, dass wir wohl verschiedene Ansichten über eine Freundschaft hätten.
Ich zerging in Selbstvorwürfen, war aber auch zu stolz bei ihr anzurufen. In schlaflosen Nächten fragte ich mich, ob es sich lohnt um diese Freundschaft zu kämpfen. Ich habe mich dafür entschieden dies nicht zu tun. Es geht mir nun besser. Viel besser. Ob diese Entscheidung richtig war, weiß ich nicht. Ich hoffe es.
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